Wellenlöten oder Reflow? Die Vor- und Nachteile verschiedener Lötverfahren
Eines Abends, als wieder einmal kein einziges interessantes Fußballspiel im Fernsehen lief, ließ ich mich von meiner Freundin zu einem Theaterbesuch überreden. Sie erklärte mir, dass das Stück von einem berühmten Autor stammte, was meine Vorfreude jedoch nicht unbedingt steigerte. Von der gesamten Aufführung ist mir vor allem der Moment im Gedächtnis geblieben, als der junge Hauptdarsteller den bekannten Satz deklamierte: „Sein oder Nichtsein ...“. Anscheinend war er sich unsicher darüber, wie er weiter vorgehen sollte und was die Folgen seiner nächsten Schritte sein würden.
Die Szene machte mich nachdenklich und löste in mir die Frage aus, ob ich ein besserer PCB-Designer sein könnte, wenn ich mehr darüber wüsste, was mit meinem Entwurf geschieht, nachdem dieser fertiggestellt ist und an den Hersteller übermittelt wird. Nach einigem Überlegen kam ich zu dem Schluss, dass ich mich ausführlicher darüber informieren sollte, wie mein virtuelles Leiterplattendesign realisiert und in ein voll funktionsfähiges Board verwandelt wird. Dann könnte ich von Anfang an zentrale Herausforderungen in puncto Herstellung und Montage berücksichtigen und mein Design insbesondere für die verschiedenen Lötverfahren optimieren.
Der PCB-Produktionsprozess
Der PCB-Produktionsprozess umfasst im Wesentlichen zwei Phasen: Herstellung und Montage. Jede dieser beiden Phasen zerfällt wiederum in verschiedene wichtige Schritte:
PCB-Herstellungsschritte:
- Die Struktur der Leiterplatte wird mit einem Laserplotter auf Film aufgetragen.
- Wenn es sich um ein Multilayer-Design handelt, werden zunächst die Leiterbahnen der Innenlagen durch Ätzen erstellt.
- Die verschiedenen Schichten werden übereinandergestapelt und durch Verpressen miteinander verbunden.
- Die Löcher für Durchkontaktierungen und die Bauteilmontage werden gebohrt.
- Die Außenflächen werden geätzt.
- Wo dies vorgesehen ist, werden die eingebrachten Bohrlöcher plattiert, wodurch Leiterbahnen für den Strom- und Signalfluss zwischen verschiedenen Schichten entstehen.
- Durch das Aufbringen von Lötstopplack werden Oberflächen und Leiterbahnen geschützt.
- Der Bestückungsdruck (Bauteilkennungen, Symbole und Text) wird aufgebracht.
- Die Leiterplatte erhält ein schützendes Metall-Finish.
PCB-Montageschritte:
- Zunächst wird die Lötpaste auf die Leiterplatte aufgetragen.
- Die Bauteile für die Oberflächenmontage (Surface Mount Devices, SMDs) werden auf der Leiterplatte platziert, sofern dies im Design vorgesehen ist.
- Die bestückte Leiterplatte wird erhitzt, sodass das Lot schmilzt und die gewünschten Lötverbindungen entstehen.
- Die Lötverbindungen werden überprüft und festgestellte Fehler manuell korrigiert.
- Die Durchsteckkomponenten werden eingesteckt (falls vorhanden).
- Die Durchsteckkomponenten werden durch Wellenlöten befestigt.
- Die Lötverbindungen werden nochmals überprüft und bei Bedarf erneuert, sofern dies aus Gründen der Qualitätssicherung erforderlich ist.
- Die Leiterplatte wird gereinigt, um jegliche Rückstände des Montageprozesses zu beseitigen und die Oberflächen so vor Beschädigungen zu schützen.
- Bei der Produktion von Fertigungsnutzen – dem aktuell gängigsten Verfahren – müssen die Gesamtleiterplatten nach der Bestückung in Einzelleiterplatten getrennt werden.
Ergebnis der ersten Phase des Produktionsprozesses sind also bestückungsfertige PCBs mit Leiterbahnen, Lötflächen und Beschriftungen. Auf diese Leiterplatten werden dann die vorgesehenen Bauteile platziert, deren Fixierung und Anschluss üblicherweise durch Löten erfolgt. Grundsätzlich nutzen PCB-Hersteller Reflow-Lötverfahren für SMD-Bauteile und Wellenlöten für Durchsteckkomponenten. Bei umfangreichen bzw. komplexen Leiterplattendesigns können auch beide Methoden in Kombination zum Einsatz kommen. Welche Variante am besten geeignet ist, hängt vom jeweiligen PCB-Design ab. Um Ihnen die Wahl zwischen den verschiedenen Verfahren zu erleichtern, erläutere ich im Folgenden die Vor- und Nachteile der gängigsten Methoden. So können Sie besser entscheiden, ob diese Verfahren für Ihr Projekt infrage kommen oder nicht.
Wenn Sie wissen, wann sich der Einsatz des Wellenlötverfahrens anbietet, ernten Sie Anerkennung – und den einen oder anderen nach oben gereckten Daumen.
Klassisches Wellenlöten oder Selektivlöten?
Als PCBs noch größer waren und praktisch ausschließlich mit einer überschaubaren Zahl von Durchsteckkomponenten bestückt wurden, war das Wellenlöten weitverbreitet. Damals avancierte das Verfahren zur bevorzugten Verbindungstechnik, da es die Produktion großer Stückzahlen in hoher Geschwindigkeit ermöglichte.
Heute geht es beim PCB-Design jedoch meist um die Realisierung kleiner Formfaktoren, die eine Minimierung der Abstände zwischen den Komponenten sowie die Nutzung von SMD-Bauteilen und Durchkontaktierungen erforderlich machen. Für dieses Anforderungsprofil ist das klassische Wellenlöten, bei dem die komplette Leiterplatte über eine Lotwelle gefahren wird, nicht geeignet – ungeachtet der hohen Produktionsgeschwindigkeit.
Dagegen gewinnt das sogenannte Selektivlöten bei der Herstellung von kleineren PCBs mit dichter oder gemischter Bestückung (Durchsteckkomponenten und SMD-Bauteile) immer mehr an Bedeutung. Bei dieser Variante des Wellenlötens werden nur spezifische Komponenten oder Bereiche der Leiterplatte mithilfe einer „Miniaturwelle“ gelötet. Dadurch bietet das Verfahren im Vergleich zum klassischen Wellenlöten unter anderem die folgenden Vorteile:
- Die Komponenten müssen vor dem Löten nicht mit Klebstoff fixiert werden.
- Die vom Löten ausgenommenen Bereiche müssen nicht mit Lötstopplack überzogen werden.
- Selektivlötanlagen sind im Betrieb im Allgemeinen günstiger.
- Für jede einzelne Lötverbindung lassen sich spezifische Fertigungsparameter festlegen.
- Selektivlöten kann auch dann zum Einsatz kommen, wenn die betreffenden Leiterplatten Durchkontaktierungen aufweisen und mit SMDs bestückt sind.
Wellenlöten oder Reflow-Löten?
In der nachstehenden Abbildung habe ich die Vorzüge des Selektivlötens („Selective Wave“) gegenüber dem klassischen Wellenlöten („Full Board Wave“) für Sie zusammengefasst:
Es ist wichtig, genau über die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Lötverfahren Bescheid zu wissen.
Allerdings hat das klassische Wellenlöten in den letzten Jahren nicht nur durch das Selektivlöten, sondern vor allem durch das Reflow-Lötverfahren Konkurrenz bekommen. Ursache dieser Entwicklung ist der anhaltend starke Trend zu SMD- und Multilayer-PCBs. Wenn Ihre Leiterplatte also ausschließlich mit SMD-Bauteilen bestückt werden soll, empfiehlt sich der Einsatz des Reflow-Verfahrens. Falls Sie jedoch auch oder sogar ausnahmslos Durchsteckkomponenten montieren möchten, bietet sich höchstwahrscheinlich der Einsatz einer Variante des Wellenlötens an. Zusätzlich sollten bei der Auswahl des optimalen Lötverfahrens auch Anzahl, Verteilung und Dichte der Komponenten sowie die Größe der Leiterplatte Berücksichtigung finden. All diese Parameter sind durch Ihr Design bestimmt.
Daher sollten Sie bei der fertigungsgerechten Gestaltung (Design for Manufacturing, DFM) von Leiterplatten unbedingt auch die jeweiligen Einsatzbereiche und Vorteile der verschiedenen Lötverfahren im Auge behalten. Durch die Entscheidung für eine bestimmte Art von Komponenten (Durchsteck- oder SMD-Bauteile) und deren optimale Anordnung in Ihrem Design können Sie das Potenzial der von Ihnen bevorzugten Verbindungstechnik voll ausschöpfen. Besonders einfach ist dies mit einer funktionsreichen PCB-Designsoftware. Beispielsweise stellt Ihnen das Paket aus Altium Designer® und PDN Analyzer sämtliche Tools bereit, die Sie benötigen, um Leiterplatten zu designen und dabei die alles entscheidende Frage zu beantworten: Wellenlöten oder Reflow-Verfahren?
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Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, worin sich die verschiedenen Lötverfahren voneinander unterscheiden und wie Sie Ihr PCB-Design optimal für eine spezifische Methode auslegen, sollten Sie Kontakt mit einem PCB-Designexperten von Altium aufnehmen.